Sachgerechte Höhlenverschlüsse sind angesichts dieser Situation oftmals der letzte Ausweg aus der Misere, zudem eine gute Möglichkeit der Selbsthilfe der Höhlenforscher - so braucht nicht gleich nach dem Staat gerufen zu werden. Ziel muß immer die Verhinderung der weiteren Zerstörung oder sonstigen Beeinträchtigung dieser wertvollen Naturreservate unter Tage sein. Bitte haben Sie Verständnis für diese Verschlüsse, wenn Sie im Gelände darauf stoßen, und respektieren Sie diesen Schutz der Höhlen - er ist unverzichtbar!
 
Höhlen sind komplexe Lebensräume Bio- und Geotope...
Die Naturhöhlen gehören zu den empfindlichsten Lebensräumen und Geotopen, die es in unserer Landschaft gibt. Der aufmerksame Besucher einer Höhle wird bei einer guten Führung bald bemerken, wie komplex das Zusammenwirken von geologischer Struktur, langer erdgeschichtlicher Entwicklung, empfindlicher Lebewelt und verletzlicher Wasserqualität einer Höhle sein kann.
Tatsächlich stellt jede Naturhöhle nicht nur ein einzigartiges geologisches Naturdenkmal dar, vielmehr beherbergen diese Hohlräume auch seit Jahrtausenden eingespielte Ökosysteme. In allen Schauhöhlen sind diese Ökosysteme vom Menschen stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Anlage von Wegen, die künstliche Beleuchtung, die Schaffung neuer Zugänge und die damit einhergehende Veränderung des Wetterstroms, die Verschmutzung infolge des Führungsbetriebes und die vermehrte Unruhe in der Höhle durch die Anwesenheit großer Besuchermengen sind erhebliche Störfaktoren für deren ursprüngliche Flora und Fauna.
In einer süddeutschen Schauhöhle wurde beispielsweise der Staubniederschlag gemessen. Die mikroskopische Untersuchung der Stäube zeigte, daß diese vorwiegend aus fein zerriebenen Textilfasern der Besucherkleidung bestehen. In 20 Jahren schlugen sich so in einer Halle von ca. 200 qm Grundfläche über 7 kg Textilstaub nieder, der - einmal z.B. im Sinter konserviert - nicht mehr zu entfernen ist. Ähnliche Verhältnisse herrschen in jeder Schauhöhle, und es wird beileibe nicht nur Staub eingetragen...
 
Auch zusammengebrochen noch wertvoll - schutzwürdige Erdfälle...
Die Erdfälle, von denen wir bei aufmerksamer Suche tausende größerer und kleinerer Formen in Karstgebieten finden können, sind die "Augen" im Gesicht des Karstes - Hohlformen, die durch den Einbruch von alten Höhlen entstanden sind. Oft sind die für den Naturschutz wertvollen Erdfälle wassergefüllt und enthalten Feuchtlebensräume. Durch wechselnde Wasserstände im Karst haben sich hier häufig verschiedene Pflanzengesellschaften mit den zugehörigen Tierarten angesiedelt. Rohrkolbenbestände, Binsen- und Seggenflächen, Feuchtwiesen sowie kleinere Gehölz- und Baumgruppen bilden in vielen Erdfällen eine schutzwürdige Einheit der Biotope mit dem Geotop! Erdfälle sind Lebensraum für Brutvögel wie Zwergtaucher, Teichrohrsänger, Bläßralle, Teichhuhn, Krickente, Gartenrotschwanz, Bachstelze und viele andere Arten; Fledermäuse haben über den insektenreichen Wasserflächen ihre Jagdrevier. Amphibien wie Erdkröte, Grasfrosch und Wasserfrosch leben hier, und diese Aufzählung könnte ohne weiteres für viele Karstlandschaften regionalspezifisch verlängert werden. Diese Artenfülle deutet an, welches beachtliche biologische Potential die Erdfälle in der heutigen Kulturlandschaft darstellen können.
 
Schutz des Höhlen- und Karstwassers
Die Gewässer des Karstes verlieren - wie schon dargestellt - einen Teil ihres Wassers auf dem durchlässigen Untergrund, wo es in Karsthohlräumen gespeichert wird und schließlich oft in kleinen und großen Karstquellen von teilweise erheblicher Schüttungsleistung wieder austritt.
Die Karstgrundwasserleiter sind aufgrund ihrer günstigen Infiltrationsbedingungen besonders verschmutzungsgefährdet. Ganze Regionen und Städte sind aber auf die Nutzung des Karstwassers angewiesen. So versorgt sich die Landeshauptstadt Stuttgart beispielsweise seit Beginn dieses Jahrhunderts zu einem guten Teil mit Karstwässern aus der Schwäbischen Alb, und große Teile der niedersächsischen Stadt Salzgitter beziehen ihr Trinkwasser aus dem Plänerkalk-Karstgebiet im Nordharzvorland. Die Bürger großer europäischer Städte wie Wien, Innsbruck oder Grenoble trinken fast ausschließlich Karstwasser!
Doch es ist sehr schwierig, den Karst in einer intensiv genutzten Landschaft vor schädlichen Umwelteinflüssen zu sichern. Die größten Gefahrenpotentiale liegen in der infrastrukturellen Entwicklung von Städten und Verkehrsachsen, der Industrialisierung, in land- und forstwirtschaftlichen Aktivitäten, in der Überbeanspruchung des Karstwasserleiters durch "wasserwirtschaftlichen Raubbau" und die grenzüberschreitende Luftverschmutzung, die sich zunehmend auch auf das Karstwasser auswirkt.
Viele wasserwirtschaftlich genutzte Karstgebiete haben zudem keine Wasserschutzgebiete. Es gibt in Deutschland zahlreiche Fälle, in denen es Behörden seit Jahrzehnten nicht geschafft haben, Karstwasserschutzgebiete auszuweisen, obwohl sich in vielen Karstwässern mittlerweile Spuren von Lösungsmitteln u.a. Fremdstoffe finden.
 
Die Schauhöhlen - eine Chance für die Öffentlichkeitsarbeit
Die derzeit 49 deutschen Schauhöhlen stellen für viele Menschen den ersten Kontakt mit Naturhöhlen überhaupt dar. Sie vermögen daher weit mehr als nur touristische Impulse zu geben - Schauhöhlen können wichtige Impulse für das Verständnis und den Schutz dieser speziellen Naturerscheinungen unter Tage geben. Und wenn der Höhlenführer auch etwas von der umgebenden Karstlandschaft versteht und den Besuchern vermittelt, dann kann auf diese Weise auch ein "Aha-Effekt" zum besseren Landschaftsverständnis und damit zu einem "geologischen" Blick auf die Natur erzielt werden. Wir benötigen diese vierte Dimension - nämlich das Gefühl für die Zeitachse - heute nötiger denn je, wollen wir dem Publikum ökologisches Naturverständnis vermitteln. Die Höhlen mit ihrer alten Geschichte können ein Schlüssel zu dieser Öffentlichkeitsarbeit sein. Freilich setzt das gut geschulte und ausgebildete Höhlenführer voraus - und daran mangelt es allerorten.
In Schauhöhlen können alle oben genannten Themen von der Fledermaus bis zum Karstwasser in lockerer und für ein breites touristisches Publikum verständlicher Form an den Besucher gebracht werden - wenn man denn will! Leider ist Deutschland in dieser Beziehung noch ein Entwicklungsland. Möge dieser Höhlenführer einen Anstoß zu einer besseren Ausbildung der Höhlenführer geben!


Internationales Höhlenschutzmotto

Das internationale Jahr des Höhlenschutzes hat 1975 das internationale Höhlenschutzmotto auch in Deutschland bekannt gemacht. Es fasst in leicht merkbarer Form die Regeln zusammen, die man Untertage - wie überhaupt bei jedem vernünftigen Besuch in der Natur - stets beherzigen sollte:


- Take nothing but pictures: Nimm nichts mit außer Fotos!
- Leave nothing but footprints: Hinterlasse nur Deine Fußspuren!
- Kill nothing but time: Schlag nichts tot außer Deiner Zeit!


Dieses Motto ist heute noch viel aktueller als damals.


Autoren
Friedhart Knolle und Uwe Fricke, Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde Harz e.V.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 Abgebrochener Sinter, Foto: Uwe Fricke